Biodiversitätskrise – gemeinsam die Biodiversität zur Priorität machen

Januar 2024 - Michael Gerber

Als Naturschutzorganisation bereitet uns (nebst der Klimaveränderung) vor allem die Biodiversitätskrise grosse Sorgen. Für viele Menschen in der Schweiz ist diese nicht greifbar. Ein Begriff der theoretisch bleibt. Diese Mitbürgerinnen und Mitbürger gehen sonntags spazieren und sehen dabei fette Wiesen, grüne Wälder und blaue Seen. Harmonie und Idylle. Was, soll denn hier nicht stimmen? Fragen sie sich.

Nun, um auf unerwünschten und sozusagen von aussen auferlegten Wandel (respektive Krisen) trotzdem konstruktiv reagieren zu können, hilft es, den allgemein gültigen Prozess von Veränderung zu verstehen. Betroffene durchlaufen jeweils sieben Phasen, bis sie es schaffen, konstruktiv damit umgehen können. Diese sind:

  1. Schockphase: Auf die Neuigkeit einer plötzlich wahrgenommenen Krise reagieren wir zuerst irritiert. Wir tun mal nichts und sind in einer Art Schockstarre.

  2. Verneinungsphase: Jetzt verhalten wir uns ablehnend. Denn die wahrgenommene Veränderung verursacht Verunsicherung und könnte uns zu Anpassungsleistungen zwingen. Wir beginnen zu ahnen, wir müssten unsere Komfortzone verlassen. Wer will das schon? Wir streuen deshalb Zweifel an der Erkenntnis und sind empfänglich auf Botschaften und Botschafter, welche uns vermelden, dass die Krise so gar nicht stimmen kann.

  3. Einsichtsphase: Nach der Negierung kommt die rationale Einsicht. Die Beweismittel sind zu gross, die anfängliche Verneinung kommt uns lächerlich vor. Wir beginnen zu verstehen, dass die Situation sich tatsächlich verändert hat.

  4. Akzeptanzphase: In dieser Phase der emotionalen Akzeptanz tun wir uns besonders schwer. Wir verstehen zwar rational, dass wir uns dem Problem stellen sollten, aber wir bleiben empfänglich für Beschwichtigungen aller Art. Besonders beliebt wird dann die vorgeschobene Resignation in der Art von «wir können ja eh nichts ändern», «mein Beitrag ist zu klein» gefolgt von «die anderen sollen doch zuerst einmal». Das ist natürlich praktisch, weil wir uns so weiterhin in der Komfortzone aufhalten können… wäre da nicht zwischendurch die rationale Einsicht… dies führt uns oft in ein paradoxes Verhalten, anstatt in die fünfte Phase überzugehen.

  5. Ausprobierphase: Wir beginnen auszuprobieren und uns an die neue Situation heranzutasten. Irrtümer können zu Frustrationen führen, welche so manche wieder in die Phase 2 springen lässt. Negieren kann schmerzfreier sein als ausprobieren.

  6. Erkenntnisphase: In dieser Phase verstehen wir die bisherigen Schritte. Wir sehen was nötig wäre, um aus der Krise herauszukommen. Wir sehen wie durch den nötigen Wandel unseres Verhaltens unsere Zukunft von der Krise befreit aussehen könnte.

  7. Integrationsphase: Neue Verhaltensmuster werden nun langfristig integriert. Plötzlich entstehen positive Gefühle durch die erweiterte Kompetenz. Der nötige Wandel wird nun als Bereicherung verstanden. Er kann so wachsen und wird gefestigt.

Ich persönlich habe diese Phasen gerade hinter mir bei der Umstrukturierung meines Unternehmens in eine agile Organisation. Die Phase 7, soviel kann ich versichern, ist äusserst angenehm.

Bezüglich der Artenverlustkrise, in der wir stecken, sind viele unserer Gesellschaft noch in den ersten zwei Phasen. Andere sind aber natürlich schon viel weiter. Naturschutzorganisationen, wie Birdlife, haben sich bereits intensiv mit der Krise auseinandergesetzt und würden gerne mit der Integrationsphase beginnen. In einem Land mit direkter Demokratie ist das aber nur möglich, wenn wir es schaffen uns selber und möglichst viele unserer Mitstimmbürgerinnen und Mitstimmbürger in die Erkenntnisphase zu bringen. Ansonsten wird die Krise nicht bewältigt werden.

Mehr Informationen hierzu gibt es auch auf Birdlife.ch. Übrigens mit Angabe der persönlichen Telefonnummer von Raffael Ayé, dem Geschäftsführer unserer Mutterorganisation Birdlife Schweiz, um Fragen direkt an ihn stellen zu können.

Der Natur- und Vogelschutzverein Maur-Zumikon versucht im Lokalen und im Kleinen Arten zu fördern und so etwas gegen die Krise zu unternehmen. Dank unserem Vorstandsmitglied Nicole Seglias konnten wir die zweite Trockenmauer auf Vereinsgebiet fertig stellen. Wir haben hierfür die Auszeichnung «Naturjuwel» von Birdlife Schweiz erhalten. Die Trockenmauer in Maur ist somit eines von etwas mehr als 100 Projekten, welche in der ganzen Schweiz verteilt sind.

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